Podcast-Tipp: Spiele, Museen und Postkolonialismus – Helen im GameDevPodcast #91
In der aktuellen Folge des GameDevPodcast (#91) spricht Helen, Entwicklerin bei Playing History, über ihre vielseitigen Erfahrungen mit Serious Games mit gesellschaftlichem Tiefgang.
Von der Adventure-Gamerin zur Games-Developerin: Helens Weg in die Spielebranche
Schon in der Schulzeit war Helen fasziniert von Games. Besonders von Point-and-Click-Adventures, die sie sich reihenweise aus der Bibliothek ausgeliehen und regelrecht verschlungen hat. Über diese Spielerlebnisse entwickelte sich früh eine Leidenschaft für Geschichten, für kreative Welten und für das Potenzial von Games als Kunstform.
„Spiele sind so ein wahnsinnig tolles Medium, mit so viel Potenzial, was das Storytelling und auch das Medium als Kunstform angeht. Das hat mich immer fasziniert.“ (Helen im GameDevPodcast Folge 91)
Nach Stationen bei Goodgame Studios, Studio Fizbin und einem Ausflug in die „seriöse“ Softwareentwicklung hat Helen heute ihren Platz gefunden: Sie entwickelt Spiele bei Playing History, die reale Themen auf spielerische Weise greifbar machen. Sei es im Unterricht, im Workshop oder in der Ausstellung.
W.I.R.S.I.N.G. vs. Weltuntergang – Ein Spiel zu nachhaltigem Konsum
Das Spiel „W.I.R.S.I.N.G. vs. Weltuntergang“ wurde in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Berlin entwickelt. Es richtet sich an junge Menschen und ist Teil eines Workshop Formats rund um Lebensmittel und ihren Einfluss auf die Umwelt.
Im Zentrum steht der namensgebende Roboter W.I.R.S.I.N.G., der durch analoge und digitale Spielmechaniken ergänzt wird. Er kommt aus der Zukunft und hilft den Spielenden, ihre Welt vor dem Untergang zu retten. Während sie Barcodes einscannen und mit dem robusten Touchscreen des Roboters interagieren, werden sie spielerisch mit Alltagsfragen rund um Konsum, Umwelt und Verantwortung konfrontiert.

W.I.R.S.I.N.G. in Aktion bei der Release Veranstaltung © Verbraucherzentrale Berlin W.I.R.S.I.N.G. vs Weltuntergang
Ein kreatives Detail: Auf W.I.R.S.I.N.G. sind Sticker mit Designelementen angebracht. Auf einem davon findet sich tatsächlich Code von Helen selbst. Die Idee dazu kam in der Diskussion mit UI-Designerin Anna, die den W.I.R.S.I.N.G. etwas technischer wirken lassen wollte. Auf ihre Bitte hin hat ihr Helen einen Abschnitt aus ihrem Code ausgespielt, der es bis auf den Roboter geschafft hat. Ein charmantes Entwickler-Easteregg für alle, die es entdecken.

Detailaufnahme von Wirsing mit Codeschnipsel von Helen. (c) Verbraucherzentrale Berlin
Rohstoffe, Regionen, Reichtum – Ein unfaires Spiel im Museum
Ein weiteres Spiel, über das Helen im Podcast spricht, ist „Rohstoffe, Regionen, Reichtum“, das für und mit der Zeche Nachtigall entwickelt wurde. Das Multiplayerspiel befasst sich mit Postkolonialismus, wirtschaftlicher Ungleichheit und globalen Machtverhältnissen. Und wird im Museum mit bis zu 20 Spieler*innen gleichzeitig gespielt.

Bild der Sonderausstellung “Rohstoffe, Ressourcen, Reichtum?” (c) Zeche Nachtigall
Spieler*innen übernehmen die Rolle von Ländern mit völlig ungleichen Startbedingungen. Einige Gruppen starten mit viel Gold, andere nur mit Getreide. Manche können sich Ressourcen von anderen einfach nehmen. Der Clou: Diese Ungleichverteilung wird nicht vorher erklärt, sondern direkt im Spiel erlebt. Bei einem Testlauf ohne Einführung kam prompt das Feedback: „Das ist total unfair! Wir haben uns so angestrengt und trotzdem verloren!“ Und genau das ist das Ziel: Empathie durch Erfahrung statt Frontalunterricht. Schülerinnen und Schüler verstehen auf einer emotionalen Ebene, wie sich strukturelle Ungleichheit anfühlt – ein Game Design-Kniff mit nachhaltigem Lerneffekt.
„Durch das Spiel haben [die Spieler*innen] eine Empathie für reale globale Machtverhältnisse entwickelt. Das schafft ein Schulbuchtext nicht.“ (Helen im GameDevPodcast Folge 91)
Fazit: Spielentwicklung mit Haltung
Die GameDevPodcast Folge 91 bietet Einblicke in die Arbeit einer Entwicklerin. Sie ist gleichzeitig ein Plädoyer für die Kraft von Spielen, gesellschaftlich relevante Themen zu transportieren. Ob im Museum oder Klassenzimmer: Spiele schaffen Räume, in denen Menschen nicht nur lernen sondern erleben.
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