hellgrüner Hintergrund mit verschiedenen geometrischen Figuren

Design Thinking – Spielerisch, aber methodisch die Kreativität anregen

Spielerisch aber methodisch die Kreativität anregen - Teaserbild Skizze mit Bleistift und Würfeln

Design Thinking – Spielerisch, aber methodisch die Kreativität anregen

Täglich begegnen wir kleineren oder größeren Problemen. Großeltern haben Schwierigkeiten, mit der neumodischen Technik umzugehen. Nachbarn streiten sich eines Baumes wegen, dessen Äste über den Gartenzaun ragen. Freunde diskutieren, wer im Restaurant die Rechnung begleicht. Im besten Fall finden wir durch Nachdenken gemeinsam oder allein eine Lösung. Oft aber ist die Lösung dann doch kein Interessensausgleich. Sie enthält zu wenig Wir und zu viel Ich, wahrt den Schein, ist aber unbefriedigend. Wer traut sich schon, zu sagen: Ich habe im Moment keine Lösung, aber ich bewundere das Problem. Im Rahmen des Kommunikationsdesign-Studiums lernen Studierende eine Methode kennen, Probleme zu lösen, in der der Menschen an erste Stelle gesetzt wird.

Ein Gastbeitrag von Lena Westphal, Kommunikationsdesignstudentin HTW Berlin


Wer, wie, was, wo… Design Thinking!

Diese Methode nennt sich Design Thinking. Sie wurde entwickelt, um DesignerInnen zu helfen, das Problem zu identifizieren – also auch einzugrenzen und den Kern des Ganzen zu erfassen – und dafür dann die richtige Lösung zu finden.

Mittlerweile wird diese Methode aber nicht mehr nur im Design, sondern in den verschiedensten Branchen angewandt. So lassen sich zum Beispiel Methoden entwickeln, um eine Stadt nachhaltiger zu gestalten, Patientinnen den Aufenthalt im Krankenhaus angenehmer zu gestalten oder den Kunden-Support in einem IT-Unternehmen zu verbessern. Dabei versucht Design Thinking Mensch, Technologie und Wirtschaft gemeinsam zu denken, immer aber beginnend mit dem Menschen.

Design Thinking Infografik mit den Schritten: Verstehen, Beobachten, Definieren, Ideenfindung, Prototyping, Testen

Erstmal verstehen und beobachten

Oftmals steckt hinter einem Konflikt ein anderes Problem als vermutet. Wir müssen also erst einmal herausfinden welche Herausforderung einer Lösung bedarf. Verstehen ist der erste Schritt der Design Thinking Methode. Wir beobachten, führen Interviews, und erforschen die Zielgruppen. Dadurch erkennen wir den Kern des Problems und entwickeln Empathie für deren Perspektiven.

Wir beobachten die Menschen, die sich mit dem Problem herumschlagen und nach einer Lösung suchen. Wir entwickeln Verständnis für ihre Herangehensweise, die Herausforderungen der Situation und die unterschiedlichen Verhaltensweisen der verschiedenen Akteurinnen und Akteure. Das sind die ersten beiden Schritte.

Definiert! – ab in die Ideenschmiede

Erst danach können wir das Problem identifizieren und im besten Fall einen klaren Standpunkt formulieren. Was bedarf einer Lösung und für wen wird diese Lösung gut sein? Im nächsten Schritt werden Ideen entwickelt. Um das zu erleichtern, gibt es verschiedene Methoden:

  • Mindmaps (Ideen in Kategorien dokumentieren und wie eine Karte aufmalen)
  • Brainstorming (ohne Hürden sämtliche Ideen und Gedanken zu einem Thema niederschreiben)
  • Sketchen (sämtliche Ideen und Gedanken in Skizzen festhalten)

Prototypen – ein Original erstellen und testen

Im Weiteren werden Prototypen erstellt. Prototypen sind Testversionen des Produkts, die auf Basis der besten Ideen aus dem vorhergegangenen Schritt entwickelt werden. Das können Skizzen über Modelle oder Mock-Ups (Testversion eines digitalen Produkts wie einer App oder einer Website) sein. Zum Schluss werden die Prototypen von der Zielgruppe getestet. Feedback wird gesammelt und der Prototyp auf Basis der neuen Erkenntnisse verfeinert.

Das besondere an der Methode des Design Thinkings ist: Sie kann an die Gegebenheiten angepasst werden. Die Schritte können in unterschiedlicher Reihenfolge absolviert werden oder sich überlappen. Aber allen Schritten ist gemein, dass sie den Mensch in den Mittelpunkt stellen. Nicht das Produkt.

Lege mir die Karten!

Über die letzten Jahrzehnte haben sich Spiele entwickelt, die es erleichtern, den Prozess des Design Thinkings zu durchlaufen. Im Kommunikationsdesign-Studium lernt man einige Beispiele kennen, die spielerisch durch den Prozess führen.

So gibt es verschiedene Versionen von Design-Thinking-Cards. Dabei handelt es sich um Kartenspiele, die helfen, den Prozess zu durchlaufen und zu strukturieren. Mit Hilfe der Karten werden Beispiel-Szenarien kreiert. Dadurch wird es erleichtert die Zielgruppen zu identifizieren, die Probleme herauszufiltern und sich in die Situation der Betroffenen hineinzuversetzen. Es gibt auch Karten, die Fragen an die Designerinnen stellen. Dies hilft, Gedanken anzuregen, die man bisher vielleicht außer Acht gelassen hat.

Fragen, die dabei gestellt werden, sind zum Beispiel: Welche Verhaltensweisen oder Gewohnheiten der Benutzer sind relevant für das Problem? Oder: Welche Nachhaltigkeitsaspekte müssen bei der Erstellung des Prototyps beachtet werden?

Design Thinking Bild Geschichtswürfel

Eine Idee würfeln

Wer sich nicht durch einen Kartenstapel spielen möchte, kann auch auf Würfelspiele ausweichen. Sogenannte Story-Würfel oder Geschichtenwürfel regen die Fantasie an. Dafür gibt es eine Handvoll Würfel, die kleine Abbildungen zeigen (Zum Beispiel eine Uhr, eine Schlange, ein Haus, ein Stift und ein Apfel). Nach dem Wurf wird anhand der Bilder auf dem Würfel, eine Geschichte erzählt. Diese Geschichten können Inspiration geben, um neue Ideen zu entwickeln und sich besser in die Zielgruppen hineinzuversetzen.

Abra Cadavre Exquis

In jedem Design Thinking Prozess gibt es irgendwann eine Phase, in der keine Ideen mehr fließen wollen. Man ist zu sehr fixiert auf eine bestimmte Idee und kommt nicht weiter. Oder man bemerkt, dass eine Idee nicht realisierbar ist, und gibt auf. Mit dieser Methode jedoch kann man jederzeit zurück auf Los gehen und noch einmal von vorne beginnen. Das passiert häufiger als man denkt und ist überhaupt nicht schlimm. Um in solchen Situationen den Kopf freizubekommen und neue Ideen anzuregen, gibt es kleine Spiele.

Cadavre Exquis (Klappbild-Spiel) kennen vermutlich die meisten noch aus ihrer Kindheit. Hierfür braucht es nur einen Zettel und einen Stift. Der Zettel wird zweimal gefaltet und in drei etwa gleich große Teile geteilt. Eine Person beginnt, auf dem oberen Teil ein Bild zu malen und reicht den Zettel weiter. Die nächste Person malt das Bild nun weiter anhand der Linien, die über den Rand ragen, ohne zu wissen, was genau auf dem ersten Bild zu sehen ist. Wenn das Bild zum Schluss auseinandergefaltet wird, zeigt sich eine interessante Person, ein neuartiger Gegenstand oder ungewöhnliches Wesen.

Die meisten kennen dieses Spiel nur mit Bildern, spannend kann es aber auch mit Worten sein.  Dafür wird das Blatt Papier wieder gefaltet und jemand schreibt ein Wort. Der nächste Spieler schreibt für das Wort in einem Satz eine Beschreibung. Anschließend wird das Blatt gefaltet, sodass nur noch die Beschreibung zu sehen ist. Der nächste Spieler überlegt, welches Wort gemeint sein könnte, und schreibt es auf. Daraufhin wird wieder eine Beschreibung geschrieben. Diese Wort-Beschreibungs-Ketten können spannende neue Ideen hervorrufen.

Spiele, die Kreativität anregen, gibt es sehr viele und jeder Spieler, jede Designerin findet eigenen Methoden.

Design Thinking Skizze Prototype

Design Thinking: Methode ist Spiel ist Kreativität

Das Großartige an Spielen ist: Sie bringen uns nicht nur auf Ideen, sie machen auch Spaß. Eine spielerische Herangehensweise eröffnet oftmals neue Perspektiven. Sie verlangen Empathie ab für die Mitspielenden, wir können uns in den oder die Gegenüber versetzen und deren Perspektive einnehmen. Spielen ist eine ernste Angelegenheit, die Spaß macht. Diese Erkenntnis passt zu den unterschiedlichen Perspektiven, die uns fast jedes Problem erst einmal präsentiert.

Wir neigen dazu, dem Spiel die Fähigkeit abzusprechen, uns auf außergewöhnliche (also außerhalb unserer gewohnten Handlungsweise liegende) Lösungen zu bringen. Dabei ist es geradezu ideal dafür geeignet. Denn egal, ob es um den Baum im Nachbargarten geht, der sich zu einem handfesten Streit vor Gericht ausweiten kann, oder um die Frage, wie den Großeltern die Angst vor dem Online-Banking genommen werden kann: Mit Hilfe des Spielens – Design Thinking ist in gewisser Weise eine Art des Spielens – lassen sich Blockaden lösen und Wege finden, die vorher auf Problemkarte gar nicht verzeichnet waren.

Sollte man mal ausprobieren.


 

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