hellgrüner Hintergrund mit verschiedenen geometrischen Figuren

Spiele für den Unterricht – besondere Zielgruppe, besonderes Game Design

Torfits Planspiel zum Strukturwandel ausgepackter Spielinhalt mit Anleitung im Detail

Spiele für den Unterricht – besondere Zielgruppe, besonderes Game Design

Gastbeitrag von Ronald Hild, Spielentwickler und Autor.


Spiele als Instrument der Wissensvermittlung gewinnen zunehmend an Bedeutung. Im Unterricht können Spiele ein Instrument sein, um abstraktes, theoretisches Wissen durch eigene (Spiel-)Erfahrungen zu verifizieren bzw. zu konkretisieren. Spiele können Prozesse veranschaulichen und dadurch zu einem vertieften Erkenntnisgewinn führen. Speziell für den Einsatz im Unterricht konzipierte Spiele müssen im Spieldesign besondere Anforderungen berücksichtigen. Um die im Folgenden dargestellten Überlegungen mit Beispielen zu untermalen, wird sich auf Torfitz – das Planspiel zum Strukturwandel bezogen. 

Das Setting

In deutschen Schulen wird der Unterricht zumeist in Unterrichtseinheiten zu 45 Minuten oder 90 Minuten strukturiert. Der Einsatz eines Spiels inklusive Vor- und Nachbereitung sollte diesen zeitlichen Rahmen nicht übersteigen. Denn nur so ist ein in sich geschlossenes Spielerlebnis möglich. Das gilt es bei der Spielkonzeption zu berücksichtigen.

Die maximale Spieldauer ist somit klar definiert. Annahmen über die Spielgruppe dagegen gestalten sich in der Regel als deutlich vielschichtiger. Mit Blick auf den Spielinhalt, die gewünschte Wissensvermittlung und die benötigten Kompetenzen kann ein Spiel auf eine bestimmte Altersstufe ausgerichtet werden. So erfordert Torfitz beispielsweise die Fähigkeit zu reflektieren und zu argumentieren, weshalb das Mindestalter auf 14 Jahre festgelegt wurde. 

Während bei Kompetenzen die Festlegung eines (Mindest-)Alters eine sinnvolle Orientierung bietet, kommt bei Spielen, die auf vorhandenem Wissen aufbauen oder dieses erweitern sollen eine zusätzliche Problematik hinzu. Lehrpläne unterscheiden sich in den einzelnen Bundesländern teilweise stark. In Berlin kann ein Spiel beispielsweise in Klassenstufe 7 relevant sein. Dasselbe Spiel passt in Schleswig-Holstein wiederum vielleicht erst in den Lehrplan der Klassenstufe 9. Stundenausfälle, Leistungs- und Wissensunterschiede zwischen den einzelnen Schulformen aber auch innerhalb von Klassenstufen sorgen dafür, dass die Festlegung der Zielgruppe oft nicht mehr als eine vage Orientierung sein kann.

Soll die gesamte Klasse in das Spiel einbezogen werden soll, ist zudem von einer unterschiedlich großen Anzahl an Spieler*innen auszugehen. Während im Oberstufenbereich Kurse von nur 16 Personen denkbar sind, gibt es in starken Jahrgängen Klassen von bis zu 32 Lernenden. Das Spieldesign muss all diese Aspekte berücksichtigen.

Spiele für den Unterricht – die Aufbereitung

Spiele im Unterricht werden von Lernenden gespielt aber von Lehrenden eingesetzt. Um eine hohe Akzeptanz bei Lehrer:innen zu erfahren, müssen Spiele bestimmte Anforderungen erfüllen.

  • Geringe Vorbereitungszeit – wie oben dargestellt ist der zeitliche Rahmen begrenzt. Um in eine Unterrichtsstunde möglichst viel Spiel zu packen, sollte die Vorbereitung und der Aufbau des Spiels nur wenige Minuten in Anspruch nehmen.
  • Kurze Erklärung und schneller Einstieg – um die Motivation der Lernenden hochzuhalten und einen schnellen Spielbeginn zu ermöglichen, sollte die Grundzüge des Spielablaufs in wenigen Sätzen erklärt werden. Informationen im Spielmaterial sollten kurz und leicht verständlich formuliert sein.
  • Klare Struktur – Spiel- und Begleitmaterial sollten idealerweise so aufbereitet sein, dass sie eine schnelle Orientierung ermöglichen und den Spielablauf unterstützen. 
  • Modularer Aufbau und Möglichkeiten zur Differenzierung – unter Berücksichtigung verschiedener Klassengrößen und Leistungsniveaus ist es empfehlenswert, dass Spiele modular an das jeweilige Setting angepasst werden können. So kann Torfitz beispielsweise mit 3 oder auch 5 Spielgruppen zu je 5 bis 6 Personen gespielt werden. Über den Umfang des Materials kann man Spieldauer und Komplexität variieren. 
  • Impulse und Anregungen zur Reflexion – mit einem Spiel wird ein bestimmter Zweck verfolgt. Um Lehrenden Unterstützung bei der Auswertung des Spielerlebnisses zu bieten, können ein Fragenkatalog oder Impulse hilfreich sein.
  • Pädagogisches Begleitmaterial – egal, wie gut Spiele konzipiert sind – innerhalb des begrenzten zeitlichen Rahmens können immer nur Teilaspekte eines größeren Themas betrachtet werden. Begleitmaterial ordnet das Spiel in einen Kontext ein und liefert mögliche Anknüpfungspunkte für eine weitere Beschäftigung.
Torfitz - Planspiel zum Strukturwandel. Ausgebreitetes Spielmaterial auf Fußboden.

Durch wiederkehrende Farb- und Formensprache können zugehörige Elemente schnell gefunden und zugeordnet werden.

 

Torfitz - Planspiel zum Strukturwandel. Geöffnetes Begleitheft.

Das pädagogische Begleitmaterial gibt Tipps und Hinweise für den Einsatz und liefert thematische Anknüpfungspunkte.

Spielen lernen um spielend zu lernen

Spiele stellen die Spielenden vor besondere Aufgaben: die Übernahme von Rollen, der Wechsel von Perspektiven und Zielen, die Interaktion mit Mitspielenden oder das Entwickeln von eigenen Ideen und Lösungsansätzen. Diese Kompetenzen, die für das Spielen nötig sind, gilt es ebenfalls zu trainieren. Damit Spiele ihr Potenzial entfalten können, sollten Lehrende und Lernende bereit sein, sich auf die vielleicht unbekannte Spielumgebung einzulassen und das Spielen an sich zu lernen.

Dann kann der Einsatz von Spielen den Schulunterricht signifikant aufwerten und ein differenziertes, vielschichtiges Lernen unterstützen.


Gastbeitrag von Ronald Hild – Spielentwickler und Autor 

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